XXII. Kongress für Familienunternehmen

A01: Die Unternehmerfamilie als verdreifachte Familie Familie, Organisation und Netzwerk

Große Unternehmerfamilien, die sich teils aus mehreren hundert Gesellschafter*innen zusammensetzen, haben mit verschiedenen Systemlogiken des sozialen Zusammenlebens und -arbeitens umzugehen: Der Logik der Familie, der Logik der Organisation und der Logik der sozialen Netzwerke. Während die Familie die Gemeinschaft durch emotionale Verbundenheit bindet, strukturiert die Organisation Entscheidungsprozesse. Diese „verdoppelte“ Familie funktioniert so lange gut, wie der familiäre Zusammenhalt von selbst oder durch formale Strukturen gesichert werden kann. In großen Unternehmerfamilien mit nur noch sehr entfernten verwandtschaftlichen Beziehungen kann diese Funktionsweise nicht mehr realisiert werden: Die organisationalen Strukturen sichern zwar die Professionalität und die Entscheidungsfähigkeit, der Zusammenhalt als Familie ist jedoch nur schwer oder sogar unmöglich aufrechtzuerhalten. Netzwerke können so verstanden werden, dass sie genau dieses Problem lösen; sie formen gemeinschaftliche Bindungen jenseits von nahen verwandtschaftlichen Beziehungen oder formalen Strukturen. Welche Chancen und Herausforderungen sich aus der Netzwerklogik ergeben und wie ein solches Netzwerk geschaffen werden kann, werden die Referierenden aus wissenschaftlicher und familienunternehmerischer Praxis erklären.

Johannes von Salmuth ist Vorsitzender der Aufsichtsgremien der Röchling SE & Co. KG in Mannheim. Der Dipl.-Volkswirt ist Nachkomme in sechster Generation des Firmengründers. Das Familienunternehmen feiert 2020 sein zweihundertjähriges Bestehen. Die Röchling-Gruppe verarbeitet an 90 Standorten in 25 Ländern Hochleistungs-Kunststoffe für die Unternehmensbereiche Industrial, Automotive und Medical. Ehrenamtlich engagiert er sich unter anderem als Mitglied der Governance-Kommission für Familienunternehmen und im Präsidium des Verbandes DIE FAMILIENUNTERNEHMER.

Prof. Dr. Arist von Schlippe ist Lehrtherapeut und lehrender Supervisor für systemische Therapie/Familientherapie und Beratung. 2005 wurde er als ausgewiesener Familienpsychologe auf den Lehrstuhl „Führung und Dynamik von Familienunternehmen“ am Wittener Institut für Familienunternehmen (WIFU) berufen, dessen Akademischer Direktor er von 2007 – 2017 war. Davor war er 23 Jahre im Fach Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität Osnabrück tätig. Forschungsschwerpunkte: Familienstrategie, Konfliktmanagement in Unternehmerfamilien, Unternehmensnachfolge, Rolle von Geschichten im Familienunternehmen („Power of Stories“), Wertevermittlung und Unternehmenskultur.